Weizenkornlegende
Wer kennt sie nicht, die berühmte Weizenkornlegende?
Eine der zahlreichen Variationen erzählt von dem indischen König, der seinem Volk stets hochmütig gegenübertrat und die Untertanen immer wieder spüren ließ, wie niedrig er sie schätzte. Der Widerstand im Volk wuchs. Es lehnte sich gegen den unbeliebten Herrscher auf. Da erkannte ein weiser Brahmane die Gefahr und erfand das Schachspiel, um seinem König auf diese diplomatische Weise die Augen zu öffnen.
Das Spiel lehrte den König, dass er - obgleich wichtigste Figur auf dem Brett - von allen seinen Untertanen, vom Minister bis zum einfachen Bauern. abhängig ist. Ohne ihre treuen Dienste würde er bald von Feinden "mattgesetzt" werden. Der geläuterte Despot war daraufhin voll Dankbarkeit und versprach dem Brahmanen, ihm jeden Wunsch zu erfüllen. "Dann wünsche ich, dass ein Weizenkorn auf das erste Feld des Schachbretts, zwei auf das zweite gelegt, und die Zahl der Körner fortwährend verdoppelt werde, bis das letzte Feld erreicht sei: Welches dies Quantum sein möge, ich wünsche es zu bekommen."
Der König war zunächst erbost über den - wie er meinte - bescheidenen Wunsch. Doch bald teilte ihm der Verwalter seiner Kornkammern mit, dass alles Getreide dieser Welt nicht ausreichen würde, diesen Wunsch zu erfüllen! Mathematiker errechneten, dass der König 18.447.744.073.709.551.615, das sind 18 Trillionen Körner hätte aufbringen müssen. Um diese Menge zu befördern, müssten so viele Eisenbahnwagen hintereinander gekoppelt werden, dass sie 231.666 mal um die Erde reichten!
Quelle: Klaus Lindörfer, Schach, 1982